Interpretation Artikel 28 der EU-Öko-Verordnung

Die Verordnung (EU) Nr. 2018/848 regelt in Artikel 28 Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung des Vorhandenseins nicht zugelassener Erzeugnisse und Stoffe.

Artikel 28
Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung des Vorhandenseins nicht zugelassener Erzeugnisse und Stoffe
(1) Um eine Kontamination durch Erzeugnisse oder Stoffe, die nicht für die Verwendung in der ökologischen/biologischen Produktion gemäß Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 1 zugelassen sind, zu vermeiden, ergreifen die Unternehmer auf jeder Stufe der Produktion, der Aufbereitung und des Vertriebs folgende Vorsorgemaßnahmen:
a) Sie ergreifen verhältnismäßige und angemessene Maßnahmen, mit denen Risiken der Kontamination der ökologischen/ biologischen Produktion und von ökologischen/biologischen Erzeugnissen durch nicht zugelassene Erzeugnisse oder Stoffe ermittelt werden, wobei auch systematisch kritische Punkte bei den Verfahrensschritten identifiziert werden, und erhalten diese aufrecht;
b) sie ergreifen Maßnahmen, die verhältnismäßig und angemessen sind, um Risiken der Kontamination der ökologischen/ biologischen Produktion und von ökologischen/biologischen Erzeugnissen durch nicht zugelassene Erzeugnisse oder Stoffe zu vermeiden, und erhalten diese aufrecht;
c) sie überprüfen regelmäßig diese Maßnahmen und passen sie an; und
d) sie erfüllen andere relevante Anforderungen dieser Verordnung, mit denen die Trennung der ökologischen/biologischen Erzeugnisse, der Umstellungserzeugnisse und nichtökologischen/nichtbiologischen Erzeugnisse gewährleistet wird.

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Welche Art von Kontaminationen sind hier relevant?

Im Zusammenhang mit Artikel 28 stellt sich für Unternehmen die Frage welche Kontaminationen gemeint sind und gegen welche Vermischungen/Kontaminationen Vorsorgemaßnahmen zu treffen sind. 

Vorsorgemaßnahmen werden definiert in Artikel 3 (5) EU-Öko-Verordnung 2018/848:

„Vorsorgemaßnahmen“: die von den Unternehmern auf jeder Stufe der Produktion, der Aufbereitung und des Vertriebs zu ergreifenden Maßnahmen, um Kontamination durch Erzeugnisse oder Stoffe, die nicht für die Verwendung in der ökologischen/biologischen Produktion gemäß dieser Verordnung zugelassen sind, sowie eine Vermischung ökologischer/biologischer Erzeugnisse mit nichtökologischen/nichtbiologischen Erzeugnissen zu vermeiden;

Mit Artikel 28 sind ausschließlich Kontaminationen mit nicht zugelassenen Stoffen gemeint sowie Maßnahmen, die dies verhindern sollen. 
Hierfür sind kritische Punkte systematisch in den Verfahrensschritten im eigenen Unternehmen zu identifizieren. Die Vorsorgemaßnahmen regelmäßig sind zu überrüfen und ggf. anzupassen.

Auch bei Einhaltung aller Vorsorgemaßnahmen in Unternehmen können in  Bio-Erzeugnissen "nicht zugelassene Stoffe" anwesend sein. Beispielsweise in Fällen ubiquitärer oder regionaler Belastungen (z.B Neonicotionide, Pendimethalin) aus athmosphärischen Einträgen, Abdrift von Pestiziden oder Altlasten (z.B. Dieldrin, FCKW, PFT).

 

Welche Vorsorgemaßnahmen fallen in die Zuständigkeit des Bio-Unternehmen

Vorsorgemaßnahmen beziehen sich (vgl. Erwägungsgrund 68) auf den Verantwortungs- und Einflussbereich der Unternehmen. Sie weisen nicht über diesen hinaus.

Sie sind mithin nicht so zu verstehen, dass benachbarte Unternehmen, die nicht in den Bio-Produktionsprozess einbezogen sind, Gegenstand dieser Vorsorgemaßnahmen sind;

Mit Vorsorgemaßnahmen sind nicht die Einhaltung aller sonstigen Vorgaben und Bestimmungen der gesetzlichen Regelungen gemeint. Diese sind selbstverständlich vom Unternehmer einzuhalten. 

Vorsorgemaßnahmen beziehen sich auf den Verantwortungs- und Einflussbereich der Unternehmen und sind nicht auf ökologische Vorstufen bezogen.
Jeder Bio-Unternehmer darf sich auf das Bestehen wirksamer Vorsorgemaßnahmen anderer Bio-Unternehmen verlassen.

Zudem müssen alle Vorsorgemaßnahmen angemessen und verhältnismäßig sein.